Lokaltermin auf einer Baustelle: Am Mittwoch präsentierte Deutschlands bekanntester Fischgastronom Jürgen Gosch vor Sperrholzplatten und Y-Tong-Steinen seinen neuen Vorzeigebetrieb in spe. Im Cafe Keese, einst berühmt-berüchtigtes Tanzlokal auf der Reeperbahn, baut Gosch zusammen mit Franchisepartner Michael Woschniak ein Seafood-Bistro mit starkem To-go-Part und maßgeschneidertem maritimen Eventprogramm.
„Einen Ableger auf St. Pauli zu eröffnen, war seit Jahren mein großer Wunsch“, erklärte der Unternehmer sichtlich stolz vor der versammelten Presse-Prominenz von der ‘Bild‘ bis SAT1. „Wir haben die beste Adresse gefunden, die wir uns vorstellen können!“ Wer den spitzbübigen Humor des 71-jährigen Originals kennt, versteht sofort, dass dieser dabei nicht nur an die Frequenzstärke des Reeperbahn-Standortes denkt. Schließlich zählt er ‘FKK-Brötchen’ augenzwinkernd schon lange zum festen Sortiment („da ist nur Fisch drin, oben nix drauf und unten nix drunter“). Und wer wie Gosch auch schon mal gern selbst auf der Bühne schmissige Seemannslieder zum Besten gibt, ist auf Deutschlands Vergnügungsmeile Nummero eins goldrichtig. Honi soit qui mal y pense…
Das knapp 300 In- und Outdoor-Plätze zählende Restaurant, ausgelobt als ‘sündigste Fischbude der Welt‘, wird Gosch im Cafe Keese heißen und bringt damit die Anziehungskraft zweier (Marken-)Legenden schon im Naming unter ein Dach. Und auch das Konzept soll die DNA der Sylter Marke verbinden mit der Geschichte des Cafe Keese, das nach dem Kriegsende berühmt wurde ob seiner Damenwahl beim ‘Ball Paradox’ und Tischtelefonen zur kultivierten Kontaktaufnahme. Spätere Betreiber reüssierten nicht ganz so glücklich: Von Ende der 90er Jahre an fanden in dem Etablissement verschiedene Partys statt, bis 2006 der ‘Quatsch Comedy Club’ von TV Comedian Thomas Herrmanns einzog. Ab 2010 standen die Räume leer.
Doch nun wird kräftig gewerkelt. Seit der Übernahme der Räume am 1. Januar ist der Umbau in vollem Gang. Die Investitionssumme wird auf 1,5 Mio. € beziffert, nachdem ursprünglich von 2 Mio. € die Rede war. Ende März soll Eröffnung sein. Den vorderen Bereich wird der Take away-Tresen dominieren; die Front wird zur Straße hin komplett geöffnet. Im Saal dahinter wird der mehr als 16 Meter lange Front-Cooking-Tresen untergebracht, mit Blick auf Bühne und Tanzfläche. „Der alte Charme des Hauses darf nicht verschwinden“, so Gosch. Viele Elemente mit Nostalgiewert bleiben denn auch erhalten: die große silberne Discokugel, zahlreiche Holzelemente, die monumentale historische Leuchtreklame auf dem Vordach des Gebäudes.
Nach dem Vorbild des Gosch-Stammhauses in List auf Sylt sind auch auf der Reeperbahn regelmäßige Oldie-Nächte, Schlagerpartys und Shanty-Chor-Auftritte geplant. Gosch: „Einen Standort in dieser Größenordnung können wir nicht allein mit Fisch-Spezialitäten erfolgreich machen.“ „Gerade für Leute über 40 ist das Angebot selbst in einer Großstadt wie Hamburg doch ziemlich dürftig. Das wollen wir ändern“, sagte Franchisee Michael Woschniak.
Das Food-Programm werden die gelebten Gosch-Klassiker dominieren, von Fischbrötchen über Scampis und Thai-Nudeln bis hin zum Hummer. Im Pricing sind keine Reeperbahn-Aufschläge geplant, betonte Andreas Reitz, Brandmanager für das Festlandsgeschäft. Die Umsatzerwartung dürfte bei mehreren Millionen € liegen.
Gosch Sylt zählt zu den 100 bekanntesten Unternehmen in Deutschland; der Umsatz betrug 2011 rund 49,5 Mio. €. Auf der Heimatinsel betreibt das System 11 Läden in Eigenregie. Hinzu kommen 22 Franchise-Standorte auf dem Festland, u.a. in Berlin, München und Düsseldorf. Seit 2009 zählt auch ein schwimmendes Restaurant zum Portfolio, auf dem TUI-Kreuzfahrer ‘Mein Schiff’. In Hamburg existieren bis dato drei Filialen: in der Wandelhalle des Hauptbahnhofes, am Flughafen und im Alstertal-Einkaufszentrum.
www.gosch.de Ulrike Vongehr