Starkoch Ferran Adrià, Spanien, über die Zukunft von Haute Cuisine, …

… Fast Food – und ’allem dazwischen’. Der mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnete Spanier zählt derzeit zu den bekanntesten Köchen weltweit. Die ’New York Times’ sowie ’Le Monde’ kürten ihn zum „innovativsten“ bzw. „besten Koch der Welt.“ Erst Anfang der Woche ist er in Stuttgart mit dem Eckart Witzigmann-Preis der Deutschen Akademie für Kulinaristik ausgezeichnet worden.



Unter anderem arbeitet Adrià als Berater. Für die spanische Hotelkette NH Hoteles beispielsweise entwickelte er die Fast Casual-Formel Fast Good (zwei Standorte in Madrid, einer in Santiago de Chile) sowie das Hotelgastronomiekonzept nhube – eine Mischung aus Restaurant, Bar, Lounge und Bibliothek, „ein Platz zum Unterhalten, Fernsehen, Internet-Surfen, Musik hören und entspannen“, so Francisco Zinser, COO NH Hoteles. Das erste nhube wurde 2003 eröffnet, derzeit zählt man 15 Restaurants außerhalb Spaniens. Der am Dienstag eröffnete Betrieb im Nürnberger 4-Sterne-Haus zählt 57 Sitzplätze und eine Speisekarte aus rund 25 „einfachen, frischen“ Gerichten zu Preisen von 7-24 EUR. Man rechnet mit rund 75 % internen und 25 % externen Gästen.



Dass der Konzeptvater ebenfalls vor Ort war – Gelegenheit, ihn zur Zukunft der Gastronomie zu befragen.



Warum Fast Good zum Beispiel?



Oder: Wo steht die Haute Cuisine in fünf Jahren?



Hier seine Antworten:



„Fast Good ist ein sehr persönliches Anliegen von mir, ist weit mehr als ein neues Konzept. Das Ganze ist ein gewichtiges gesellschaftliches Thema, das die Debatte anstoßen soll, was Ernährung und Gesundheit uns eigentlich bedeuten. Fast Good ist ein Referenzprojekt, das die Frage aufwirft, ob der Gast bereit ist, 20 % höhere Preise für gutes Fast Food zu bezahlen. Ob er versteht, dass es einen Wert hat, dass wir für unsere Pommes Frites frische Kartoffeln verwenden und keine TK-Ware, dass wir mit Olivenöl arbeiten, das täglich gewechselt wird und mit 1 a-Fleisch für unsere Hamburger. In Zeiten, wo Eltern ihren Kinder das Handy bezahlen, bei guter Ernährung aber sparen, wollen wir die Leute zum Nachdenken bringen, wofür sie ihr Geld ausgeben.



Und noch etwas: Wir Köche sind wertvolle Wissensträger in punkto Ernährung – aber die Gesellschaft fordert, nutzt unser Wissen nicht. Ich will da stärkeren Austausch, will etwas bewegen, Grenzen aufbrechen.“ Stichwort Haute Cuisine: „Die ist doch tot. In fünf Jahren wird es nur noch ganz wenige Top-Restaurants in Europa geben. Zehn oder fünfzehn vielleicht, nicht mehr. Weil keiner, auch Business-Leute, sich das mehr leisten kann. Der Wareneinsatz geht ja noch, aber wissen Sie eigentlich, wie teuer es ist, sich mitten in Paris auf einen Stuhl zu setzen und bedient zu werden? Zudem geht die wirtschaftliche Entwicklung nicht spurlos an uns vorbei.



Die Haute Cuisine ist wie die Formel 1: wenige Namen, aber viel, viel Input in Sachen Entwicklung des Sektors. Und eben teuer.“ Wie also sieht seiner Meinung nach die Zukunft aus? „Es wird Restaurants geben, in denen man für rund 50 EUR sehr gut essen kann – und Fast Food ist klar platziert. Aber was ist dazwischen? Das Segment zwischen 12 und 15 Euro. Das wird sehr spannend.“ Zuletzt: Was wird in naher Zukunft die Speisekarten beeinflussen? „China. Die Techniken, die Rohstoffe, die Rezepturen. Die Philosophie.“



Sechs Monate im Jahr führt der hoch innovative Querdenker das Restaurant El Bulli an der Costa Brava (25 Köche, 45 Sitzplätze, Durchschnittsbon 150 EUR exkl. Getränke), die weiteren sechs ’zaubert’ er in seinem Labor in Barcelona immer neue kulinarische (Verwirr-) Spiele aus Formen und Farben. Möhrenschaum, Marshmallows aus Parmesan oder eine ’Grillplatte’ aus bunten Gelatinestreifen, die nach Gemüse schmecken – in mit Holzkohle aromatisiertem Sonnenblumenöl. Dekonstruktion total. Radikale Avantgarde. Wissenschaftlich betriebene Anarchie: Jeder Versuch, jedes Gericht wird archiviert. Über 1.200 sind es derzeit.

www.nh-hotels.com

www.elbulli.com
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