Coronakrise / Tönnies / Arbeitsrecht

Video geteilt und fristlos gekündigt

Kostet das Teilen im sozialen Netzwerk den Job? Das Video aus der Kantine des Tönnies-Schlachtbetriebs führt zu einem Arbeitsgerichtsprozess.
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Kostet das Teilen im sozialen Netzwerk den Job? Das Video aus der Kantine des Tönnies-Schlachtbetriebs führt zu einem Arbeitsgerichtsprozess.

Weil sie das Video aus der Tönnies-Kantine in sozialen Netzwerken geteilt hatte, kündigte ein Cateringbetrieb einer Mitarbeiterin fristlos. Dagegen klagt sie vor dem Arbeitsgericht in Bielefeld.

Wie die 1. Kammer des Arbeitsgerichts in Bielefeld mitteilt, erhielt die Mitarbeiterin bereits Hausverbot in ihrem Betrieb. Laut Medienberichten bestreitet die Klägerin nicht, das Video gepostet zu haben. 


Die Veröffentlichung des Videos vieler Tönnies-Mitarbeiter, die in der Kantine eng beisammensitzen, hat in Nordrhein-Westfalen dazu geführt, dass in den Kreisen Gütersloh und Warendorf ein Lockdown bis Ende Juni verhängt wurde, gerade verlängert um eine weitere Woche. Die Zahl der infizierten Mitarbeiter bei Tönnies ist auf über 1.500 gestiegen. Auch die Zahl der Corona-Infizierten im Kreis Gütersloh ohne Kontakt zu Tönnies-Mitarbeitern ist seitdem massiv gestiegen. 

Wende in der Fleischindustrie?

Die Arbeits- und Lebensbedingungen der Mitarbeiter in fleischverarbeitenden Betrieben waren aufgrund des Videos in den Fokus der Medien geraten. Das Unternehmen Tönnies kündigte indessen weitreichende Änderungen an: Unter anderem sollen die Mitarbeiter aus den Werkverträgen übernommen und die Wohnsituation verbessert werden.

Auch die Politik reagiert: Bereits im kommenden Monat will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ein Gesetz zum Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie vorlegen, das mittlerweile auch der Verband der Fleischwirtschaft unterstützen will. Auch im Rahmen der anstehenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft will Heil das Thema auf die Agenda setzen.

"Es wird keine zweite Chance geben für die gesamte Branche", sagte auch Bundesernährungs- und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner nach ihrem "Fleischgipfel" in Düsseldorf mit den Landwirtschaftsministerinnen von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, Ursula Heinen-Esser und Barbara Otte-Kinast, sowie Branchenvertretern in der vergangenen Woche. Die Probleme, die im Zuge der Coronaausbrüche bei Tönnies zutage getreten seien, beträfen das gesamte System. Unter anderem möchte Klöckner eine Tierwohlabgabe einführen – europarechtlich verbindlich. Die Landwirte sollen über einen einzurichtenden Fonds bei Investitionen unterstützt werden.

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