Azubi-Award Systemgastronomie

"Das bringt mir mehr als ein Studium"

Nadine Heissig vom Café AMSL Paan e.K. hat den 18. Nationalen Azubi-Award Systemgastronomie des DEHOGA Bundesverbands gewonnen. Hier sehen wir sie an ihrem Arbeitsplatz in PAssau.
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Nadine Heissig vom Café AMSL Paan e.K. hat den 18. Nationalen Azubi-Award Systemgastronomie des DEHOGA Bundesverbands gewonnen. Hier sehen wir sie an ihrem Arbeitsplatz in PAssau.

Nadine Heissig (28) aus Passau hat sich den Titel Azubi-Award Systemgastronomie des DEHOGA auf der diesjährigen Anuga gesichert. Im Interview mit FOOD SERVICE berichtet sie, wie sie den Wettbewerb erlebt hat und warum sie ihr Jura-Studium für die Ausbildung schmiss. Außerdem hat sie eine Vermutung, weshalb die Branche unter Nachwuchsproblemen leidet.

FOOD SERVICE: Liebe Frau Heissig, herzlichen Glückwunsch: Sie sind Deutschlands beste Auszubildende in der Systemgastronomie. War es schwer, diesen Titel zu gewinnen?
Nadine Heissig: Vielen Dank für die lieben Glückwünsche. Ob es schwer war? Hm, diese Frage ist für mich in eher schwer zu beantworten. Die Aufgabenstellungen waren anspruchsvoll, aber durchaus fair. Um ehrlich zu sein, bin ich nicht mit dem Ziel in den Wettbewerb gegangen, unbedingt zu gewinnen. Nachdem ich im Mai bereits die bayerische Meisterschaft für mich entscheiden konnte und im Juli meine Ausbildung erfolgreich beendet habe, war der Azubi-Award eher ein Test für mich, um zu sehen, wo ich mit meinem Wissen stehe. Natürlich habe ich mich unheimlich gefreut, als mein Name gefallen ist. Das ist für mich die schönste und ehrenvollste Bestätigung dafür, beruflich den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.

Erzählen Sie doch mal, wie Sie in die Branche gerutscht sind.
Wenn meine ehemaligen Schulkameraden in ihre Freundesbücher schauen, werden sie sicher feststellen, dass bei meinem Berufswunsch immer schon "Köchin oder Konditorin" stand. Ein Faible für Küche, Lebensmittel und Co hatte ich von klein auf und ich habe es geliebt, mit meiner Oma oder auch mit meiner Mama in der Küche zu stehen. Wahrscheinlich liegt da bei mir auch schon etwas "Gastro" in den Genen, ist meine Mutter immerhin gelernte Restaurantfachfrau, mein Vater gelernter Koch. Nachdem ich dann aber auf dem Gymnasium war und ein ganz gutes Abi geschrieben habe, war es erst einmal naheliegender, doch zu studieren und so habe ich dann meinen zweiten Berufswunsch - Staatsanwältin zu werden - verfolgt. So ging es dann für mich an die Universität Passau. Kurz vor dem ersten Staatsexamen habe ich als Aushilfe im Café AMSL (damals noch aran) angefangen, um mir etwas Geld dazu zu verdienen und da wurde mir dann bewusst, wo mein Herz wirklich schlägt, was mich wirklich glücklich macht – und dass die Juristerei nicht das ist, was ich mein Leben lang machen möchte. Darum habe ich die Ausbildung begonnen, was zwar so mancher in meinem Umfeld nicht verstehen konnte, für mich aber absolut richtig war. Eine große Stütze in diesem Vorhaben waren definitiv meine Mutter und meine besten Freundinnen, wofür ich ihnen an dieser Stelle auch nochmals herzlichst danken möchte.

Können Sie uns erklären, was das Café AMSL Paan auszeichnet und was Sie dort lernen?
Das AMSL war für mich von Anfang an nicht nur "Arbeit", sondern auch schon fast so etwas wie meine zweite Familie. Wie bereits erwähnt, habe ich anfangs als Aushilfe gearbeitet und zunächst Geschirr gespült. Nach und nach war ich dann anschließend erst an unserer "Koch-Station" tätig und bin dann als Barista an der Siebträgermaschine gelandet. Ich durfte schon früh eigene Ideen einbringen und habe bald Verantwortung im Betrieb übernehmen dürfen. Neben dem klassischen Handwerkszeug nach Lehrplan habe ich vor allem auch eines gelernt: Durchsetzungsvermögen, Stärke und Menschenkenntnis. Als Gastronom ist man in heutiger Zeit ja nicht mehr nur Dienstleister, sondern auch Freund, Entertainer, Krisenmanager und hin und wieder auch Psychologe. Aber gerade das macht den Beruf ja jeden Tag aufs Neue so besonders. Für meine persönliche Entwicklung haben mir die vergangenen vier Jahre Gastro tatsächlich übrigens mehr gebracht als all die Jahre Jurastudium.

Was glauben Sie, weshalb die Branche unter Nachwuchsproblemen leidet?
Arbeiten in dieser Branche bedeutet, extrem belastbar sein zu müssen. Sowohl physisch als auch psychisch. Es ist an manchen Tagen ein Knochenjob und jeder von uns in diesem Beruf kennt wohl diesen einen Gast, der einem auch gleich morgens den ganzen Tag verderben kann. Auch in Hinblick auf die Arbeitszeiten und die Entlohnung erscheint dieser Job wohl eher erst mal unattraktiv für die meisten. Das wollen viele der nachfolgenden Generationen nun mal nicht. Verwundern tut mich das aber kaum. In heutiger Zeit wird der Nachwuchs ja zunehmend daraufhin gedrillt, Akademiker zu werden, einen möglichst angesehenen Beruf zu erlernen und die große Karriere zu machen. Abitur ist schon zu "normal" - da reicht eine Ausbildung nicht mehr, um gesellschaftlich mitziehen zu können. Ich für meinen Teil hoffe und wünsche mir, dass dieses Denken bald mal revidiert wird. Jeder Beruf verdient es, anerkannt und honoriert zu werden. Wir alle, ob Ärzte, Rechtsanwälte, Bäcker oder Müllwerker tragen tagtäglich unseren Teil zum Gelingen des gemeinschaftlichen Lebens bei. Das sollte jedem bewusst sein. Wenn ich mich nochmal entscheiden müsste, würde ich nicht mehr studieren. Ich würde gleich auf mein Herz hören und darum kann ich nur den Rat geben: Macht das, was euch glücklich macht! Egal, was es ist.

29. Forum Systemgastronomie: Viele strahlende Gesichter



Wie geht es für Sie nach Ihrer Ausbildung weiter?
Inzwischen bin ich im AMSL als Ladenleitung tätig und nachdem ich ja nun Dank des Azubi Awards die Möglichkeit habe, den Fachwirt im Gastgewerbe zu machen, wird das mein nächstes Ziel sein. Generell hoffe ich, noch viele Weiterbildungen machen zu können. Hoch im Kurs stünde für mich beispielsweise auch noch ein Patisserie-Kurs bei Rolf Mürner in der Schweiz. Denn wie heißt es so schön? Man lernt ja nie aus. Und was das Schicksal dann mit mir vor hat, wird sich zeigen. Bisher kam da ja nur Gutes dabei raus.
Über Nadine Heissig
"Ich bin geboren und aufgewachsen im bayerischen Wald, inzwischen 28 Jahre alt und seit neun Jahren wohnhaft in Passau. Meine Leidenschaft sind guter Kaffee und guter Kuchen, weshalb ich als Barista in einem Café den perfekten Job für mich gefunden habe. Der Passion 'Backen' habe ich inzwischen ein volles Bücherregal gewidmet und lebe sie zu jedem Anlass in meiner Freizeit aus. Und wenn ich mir ein Date mit einem Promi wünschen dürfte, würde ich gerne mal mit Tim Mälzer ein Glas Wein trinken."
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