Das Gastgewerbe befindet sich noch immer in einer existenzbedrohenden Krise. Dehoga-Präsident Guido Zöllick fordert weitere Unterstützung für notleidende Betriebe.
"Die Krise im Gastgewerbe ist noch längst nicht vorbei", so die klare Aussage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga Bundesverband). Weit mehr als die Hälfte der gastgewerblichen Unternehmer bangt um ihre Existenz, zwei Drittel geben an, dass die gegenwärtigen Hilfen der Regierung nicht ausreichen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage, die der Dehoga am Dienstag in Berlin vorgestellt hat.
"Nach zehn Wachstumsjahren verzeichnet die Branche seit Anfang März Umsatzverluste historischen Ausmaßes", sagte
Dehoga-Präsident Guido Zöllick. Auch wenn sich die Umsatzverluste in den letzten Wochen etwas abschwächten, sei die Branche aufgrund von Abstandsgeboten und Kapazitätsbegrenzungen
von Normalumsätzen noch meilenweit entfernt. "Angesichts der verheerenden Auswirkungen
reichen die derzeitigen staatlichen Hilfen nicht aus."
Um eine
gewaltige Pleitewelle zu verhindern und Arbeitsplätze zu retten, forderte Zöllick
Nachbesserungen bei den
Überbrückungshilfen, die
Entfristung der Mehrwertsteuersenkung mit Einbeziehung der (alkoholfreien) Getränke sowie eine
gesetzliche Klarstellung zur
Corona-bedingten Pachtminderung.
Umsatzausfälle von 50 Prozent für 2020 erwartet
Die Corona-Pandemie hat das Gastgewerbe in seine
größte Krise der Nachkriegszeit gestürzt. Bereits das Statistische Bundesamt wies für das
erste Halbjahr ein nominales Umsatzminus von 38,5 Prozent aus. Der Corona-bedingte Shutdown im Frühjahr hat riesige Löcher in die Bilanzen der Gastronomen und Hoteliers gerissen. Für die
Monate März bis Juni bedeutet das einen
Umsatzverlust von 17,6 Mrd. Euro. Laut der aktuellen
Dehoga-Umfrage meldeten die Betriebe von
März bis August Umsatzeinbußen von 55,8 Prozent. Auch in den Sommermonaten Juli und August lagen die Umsätze immer noch 43,2 beziehungsweise 41,8 Prozent unter den Vorjahreswerten. Bezogen auf das Gesamtjahr rechnen die Betriebe mit Umsatzverlusten von knapp 50 Prozent.
Forderungen des Dehoga
- Nachbesserungen bei den Überbrückungshilfen
- Entfristung der Mehrwertsteuersenkung mit Einbeziehung der Getränke
- eine gesetzliche Klarstellung zur Corona-bedingten Pachtminderung.
Gefälle zwischen Urlaubsorten und Städten
Dabei gebe es einen gravierenden Unterschied zwischen Betrieben in Ferienorten und in Städten. "
Urlaubshotels und Ausflugsrestaurants insbesondere mit Terrassen und Biergärten verzeichneten eine gute Nachfrage", so Zöllick. Ganz anders sei die Lage in den Städten. "Messen, Kongresse, Tagungen sowie Kultur- und Sportveranstaltungen finden immer noch nicht statt. Geschäftsreisende wie internationale Besucher fehlen schmerzlich.
Die Situation der Stadt- und Tagungshotellerie sowie der Event-Caterer ist fatal." Katastrophal stelle sich auch die Lage bei den
Discotheken und Clubs dar, für die es immer noch keine Öffnungsperspektive gebe. "Die Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand und befürchten ein massives Disco- und Clubsterben."
Insgesamt sind
6,1 Prozent der gastgewerblichen Betriebe laut der Umfrage noch nicht geöffnet. Dazu zählen neben Discotheken und Clubs auch kleinere Kneipen und Bars, bei denen sich aufgrund der Abstandsgebote die Öffnung nicht rechnet.
Hilfen und Kreditprogramme reichen nicht
Mit Blick auf die Umfrage-Ergebnisse drängt der Dehoga auf weitere Unterstützung der Branche.
64,9 Prozent der befragten Betriebe gaben an, dass die bisher von Bund und Ländern angebotenen Liquiditätshilfen und Kreditprogramme nicht ausreichten, um die Krise zu bewältigen. Um eine Pleitewelle ungekannten Ausmaßes zu verhindern, fordert der Verband dringend Nachbesserungen beim Programm der Überbrückungshilfen. Eine alleinige
Verlängerung der Überbrückungshilfen sei zu wenig, sagte Zöllick. "Damit die Hilfe dort ankommt, wo sie dringend benötigt wird, müssen die
Kriterien des Programms korrigiert werden. Dies betrifft unter anderem die erstattungsfähigen Kosten und den Kreis der Antragsberechtigten."
Von den Unternehmen beklagt wurden das
bürokratische Verfahren, die
verspätete Auszahlung, der
nicht ausreichende Umfang der Zuschüsse wie auch die
Anrechnung der Soforthilfe.
Als "überfällig und in der Krise besonders wertvoll" wertete
Zöllick die Entscheidung der Politik, die Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants zu senken. Gleichzeitig
forderte er die
Entfristung der Mehrwertsteuersenkung mit Einbeziehung der Getränke, zumindest der alkoholfreien. "Denn Kneipen, Bars, Clubs und Discotheken, die ausschließlich Getränke anbieten, profitieren ja bisher nicht von dieser Steuersenkung."
Gesetzliche Grundlage für Pachtminderung
Akuten Handlungsbedarf sieht der Dehoga darüber hinaus
im Miet- und Pachtrecht. "Es kann nicht sein, dass zum Beispiel ein Hotel, das keine Umsätze hat oder nur zu 15 Prozent ausgelastet ist, unverändert die Pacht zu entrichten hat, die es bei 80 Prozent Belegung entrichten muss", erklärt der Dehoga-Präsident. Es gehe um eine
angemessene Risikoverteilung zwischen Verpächter und Pächter. "Wer Leerstand und eine weitere Verödung der Innenstädte verhindern will, muss jetzt handeln." Mit einer
gesetzlichen Klarstellung, dass die
Covid-19-Pandemie eine erhebliche Störung der Geschäftsgrundlage darstellt,
die zur Pachtminderung berechtigt, würden auch große institutionelle Eigentümer gezwungen, sich an den Verhandlungstisch zu setzen.
"Das Gastgewerbe trägt maßgeblich zur Attraktivität der Innenstädte und der ländlichen Räume bei", betont Zöllick. "Es kommt darauf an, die Betriebe, die öffentlichen Wohnzimmer der Republik, jetzt zu stärken und alles dafür zu tun, um ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben." Das Gastgewerbe habe mit 2,4 Millionen Beschäftigten und 222.000 Betrieben nicht nur eine große wirtschaftliche Bedeutung, sondern auch eine hohe gesellschaftliche Relevanz.