Angela Merkel steht weiteren Lockerungen bislang kritisch gegenüber.
Der Grosshandelsverband Foodservice hat sich in einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin gewandt. Er plädiert für “einen achtsamen Neustart der Gastronomie”. Andernfalls drohe der Branche eine Masseninsolvenz.
Während Angela Merkel ihren kritischen Standpunkt zur Wiedereröffnungsdebatte in der gestrigen Pressekonferenz einmal mehr verdeutlichte und die Bürger zum Durchhalten aufrief, lenkt der Grosshandelsverband Foodservice in einem offenen Brief gezielt die Aufmerksamkeit auf die bislang perspektivlose Situation der Gastronomie.
“Für die Gastronomie ist leider
noch keine Prüfung in Aussicht gestellt worden”, beklagt der Verband. Dabei existierten bereits
sehr klare Schutzkonzepte unter denen eine sichere Wiederaufnahme der Betriebstätigkeit erfolgen könne und “in denen ein klares
Bewusstsein für die Verantwortung seitens der Gastronomie zur Infektionsprävention zum Ausdruck kommt“.
Pleiterisiko steigt
Ein Fortdauern des Lockdowns
ohne Perspektive auf vorsichtige Öffnung werde – angesichts der Verdienstausfälle, wachsenden Liquiditätsengpässe und massiven Zukunftssorgen für Unternehmerinnen und Unternehmer – „zu einer
nie dagewesenen Pleitewelle in dieser Branche führen.“
„Geben Sie den Gastronomen eine Perspektive, die sie ermutigt, für ihr Geschäft zu kämpfen.“
Grosshandelsverband Foodservice
Mit Verweis auf die
Bedeutung der Gastronomie sowohl für die Wirtschaft als auch für Gesellschaft und Kultur, Städte, Dörfer und Nachbarschaften appelliert der Grosshandelsverband Foodservice daher: „
Geben Sie den Gastronomen und Gastronominnen im Rahmen der aktuellen Abwägungen zu Lockerungen der COVID-19-Restriktionen
eine Perspektive, die sie ermutigt, für ihr Geschäft zu kämpfen – und setzen Sie sich für eine Politik ein, die selbstverständlich die Infektionsprävention priorisiert, aber zeitgleich einen
Neustart einer verantwortungsbewussten Gastronomie ermöglicht. Aus unserer Sicht stehen diese Ziele in keinem Widerspruch zu einander.“
Zu den Unterzeichnern des offenen Brief gehören der Sterne-Koch
Tim Raue und der Eventcaterer
Georg W. Broich, sowie weitere bekannte Gesichter der Szene, darunter
Tim Mälzer, Stefan Marquard und
Frank Rosin. Auch einige Gastronomie-Partner haben sich der Initiative angeschlossen, so zum Beispiel die Großhändler
Metro, Chefs Culinar und
Service-Bund.
Die konkreten Forderungen:
Eine Auseinandersetzung mit Schutzkonzepten für die Gastronomie, die eine sukzessive Öffnung der Branche erlaubt. Diese Konzepte umfassen u.a. 1,5 m Abstandsregelungen zwischen Tischen, Begrenzung auf zwei Personen bzw. Familien pro Tisch, erweiterte Hygieneanforderungen für Räumlichkeiten, Gästekontakt, Geschirr, Utensilien und Küchenmitarbeiter sowie klare Regeln für den Publikumsverkehr für Service und Gäste. Die Vorschläge, so hofft der Verband,
sollen bei der nächsten Besprechung der aktuellen Maßnahmen ziwschen Bund und Ländern am 30. April Berücksichtigung finden.
Eine Erörterung konkreter Fördermaßnahmen, um die Vielfalt und Qualität der Gastronomie nachhaltig zu schützen. Dabei verweist der Verband darauf, dass die aktuell aufgenommenen Kredite, die wirtschaftliche Bedrohung der Unternehmen weiter verschärfen, und dass auch nach einer Öffnung der Gastronomie – unter Sicherheitsvorkehrungen – die Wirtschaftlichkeit nicht sofort möglich sei. Er fordert daher einen
Gastronomie-Rettungsfonds mit direkten Finanzhilfen sowie die zumindest zeitlich begrenzte
Herabsetzung des Mehrwertsteuersatzes auf 7%.
Kanzlerin bislang vorsichtig
Ob die Argumente des Grosshandelsverbandes bei der Kanzlerin Gehör finden, bleibt angesichts ihres Kommentars zu den „
Öffnungsdiskussionsorgien“ abzuwarten. Der für weitere Lockerungen plädierende NRW-Ministerpräsident Armin Laschet musste für sein Vorpreschen jedenfalls
scharfe Kritik einstecken.
Fakt ist, dass Angela Merkel die Infektionszahlen fest im Blick behält. Sie will die Erfolge der bisherigen Maßnahmen nicht aufs Spiel setzen – und schreckt auch vor dem Gedanken an einen „erneuten allgemeinen Shutdown“ nicht zurück, sollte es ein „erneutes exponentielles Wachstum der Infektionen geben.“
Dem aktuellsten Lagebericht des Robert Koch-Instituts zufolge steigt die Ansteckungsrate in Deutschland aktuell wieder. Lag der Reproduktionsfaktor (Zahl der Personen, die eine infizierte Person ansteckt) am 16. April noch bei 0,7, nannte das RKI am Montag, 21. April, einen Wert von 0,9.