Die Verbraucher reagieren sensibel auf steigende Lebensmittelpreise, gleichzeitig ächzt die Industrie unter höheren Kosten. Die Grüne Woche steht für Genuss und ein schönes Leben, startet am Freitag aber in für die Branche kniffligen Zeiten.
Unter dem Eindruck der hohen Inflation wird bei der Internationalen Grünen Woche dieses Jahr vor allem über steigende Lebensmittelpreise, die Entwicklung auf dem Bio-Markt und die angespannte Situation in der Lebensmittelindustrie diskutiert. "Die Herausforderungen in der Ernährungsindustrie waren noch nie so groß wie in den Jahren 2022 und auch 2023", sagte Christian von Boetticher, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, am Mittwoch bei einer Eröffnungskonferenz. Vor allem die hohen Energiepreise "zwingen die Industrie langsam in die Knie". Für 2023 erwarten von Boetticher und Bauernpräsident Joachim Rukwied weiter steigende Lebensmittelpreise.
Im vergangenen Jahr gingen die Preise für Nahrungsmittel bereits um 13,4 Prozent nach oben. Für Gemüse meldete das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch einen Preisanstieg um 10,7 Prozent, bei Obst um 3,0 Prozent. "2022 war noch eine Mischkalkulation mit alten 2021er-Preisen. Die Spitzen der Preise 2022 machen sich auch 2023 noch bemerkbar und schlagen durch", warnte von Boetticher.
In einigen Statistiken ließ sich zuletzt bereits ablesen, dass die Verbraucher unter dem Eindruck der Inflation verstärkt auf günstigere Produkte zurückgreifen. So erhielt zum Beispiel das Geschäft mit Bio-Lebensmitteln einen ungewohnten Dämpfer: Der Markt schrumpfte zum ersten Mal in seiner Geschichte, vor allem Reformhäuser und reine Bio-Märkte bekamen das zu spüren. Bio-Lebensmittel wurden stattdessen eher im Discounter gekauft - oder gar nicht.
Ein Öko-Flächenanteil von 30 Prozent bis 2030 sei ein sehr anspruchsvolles politisches Ziel - eine nachhaltigere Produktion könne aber nur gelingen, wenn die höherwertigen, heimischen Produkte auch gekauft würden. "Wenn die Nachfrage da ist, werden wir deutschen Bauern die Nachfrage auch bedienen", sagte Rukwied. Von Boetticher warnte, dass der Markt kollabiere, wenn es zwar 30 Prozent Bio-Angebot gebe, aber nicht 30 Prozent Bio-Nachfrage. BVE-Konjunkturreport
Lebensmittelhersteller leiden unter gesunkenem Absatz
Laut einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Yougov kaufen 28 Prozent der Deutschen angesichts der hohen Inflation weniger Bio-Lebensmittel ein als zuvor. 60 Prozent der Befragten gaben demnach an, dass sie ihr Kaufverhalten nicht angepasst hätten, 5 Prozent kaufen den Angaben zufolge mehr Bio-Lebensmittel ein.
Verhältnismäßig gut lief es zuletzt für Milchbauern - nach mehreren Jahren der Krise. Ende des vergangenen Jahres verdienten sie dem Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) zufolge knapp 60 Cent pro Liter Rohmilch - das waren fast 12 Cent mehr als sie der Liter in der Herstellung kostete. In den Jahren davor lagen die Erzeugerpreise zum Teil deutlich über den Kosten. Zahlreiche Betriebe gaben auf.