Im Juli beginnen traditionsgemäß die Zeltaufbauten für das Oktoberfest. In diesem Jahr wird es auf der Theresienwiese ruhigbleiben.
"Die Absage war die
einzig richtige Entscheidung. So lange es keinen Impfstoff gegen Corona gibt, ist das
Risiko für eine solche Veranstaltung
zu hoch", kommentiert
Toni Roiderer, Wirt des Hacker-Festzelts beim Münchner Oktoberfest, die Covid-19-bedingte Absage des weltweit größten Volksfests. "Eine Wiesn mit zwei Meter Abstand ist keine Wiesn - entweder eine
gescheite Wiesn oder gar keine Wiesn."
Roiderers Einschätzung teilt auch
Clarissa Käfer, die gemeinsam mit ihrem Mann Michael Käfer die berühmte
Käfer Wiesn-Schänke betreibt. "Für uns, unsere Mitarbeiter und für so viele andere - von der Brezenfrau über die Taxifahrer bis zur Hotellerie - ist
die Absage dramatisch und zugleich alternativlos. Die
Sicherheit geht vor." Mit der traurigen Gewissheit, dass das Oktoberfest nun tatsächlich nicht stattfinden wird, müssen die
laufenden Wiesn-Vorbereitungen, die das ganze Jahr über im Hintergrund laufen, nun
gestoppt beziehungsweise rückgängig gemacht werden - sofern möglich. "Die Bestellungen und Tierzucht eigens für die Wiesn-Schänke liefen natürlich bereits, ebenso haben wir viel Zeit ins Reservierungs-Management investiert", sagt Clarissa Käfer. Doch erst einmal sitzt die Unternehmerin an einem Schreiben an die Wiesn-Mitarbeiter - für viele von ihnen bedeuten die zwei Wochen im Herbst einen erheblichen Einkommens-Anteil.
"Wir haben natürlich
längst mit der Absage gerechnet. Wir wussten ja, dass es keine Wiesn im Stile der vergangenen Jahre geben kann", erklärt
Friedrich Steinberg, Wirt des Hofbräu Festzelts. "Wichtig war für uns, dass die Absage jetzt kam - vor dem Beginn des Zelt-Aufbaus im Juli. So ist zumindest der Kostenaufwand verhältnismäßig gering.
Fest stand für uns auch schon länger, dass die Wiesn - hätte sie denn stattgefunden - noch schlechter gewesen wäre als 2001." Damals stand das Oktoberfest im Schatten der Anschläge des 11. Septembers. "Wir haben in jenem Jahr gerade einmal eine rote Null geschafft", so Steinberg.
Lizenzvergabe war noch nicht erfolgt
Mit der Mehrheit der etwa
500 Mitarbeiter im Hofbräu Festzelt habe man zwar schon
Verträge für 2020 geschlossen. "Doch die sind
mit der Absage nichtig. Sie treten nur in Kraft, wenn wir unser Zelt tatsächlich betreiben", erklärt Steinberg. Da die sogenannte Gestattung, also die Vergabe der Lizenz an die Wirte, immer erst Mitte des Jahres erfolgt, erhalten die Verträge erst dann ihre Gültigkeit. Die Tatsache, dass die Gestattung noch nicht erfolgt ist, hat noch eine weitere Implikation: "Wir haben
keine Grundlage für eine Entschädigung."
Dass die Wiesn formal nicht abgesagt, sondern eben nur nicht "angesagt" wurde, hat auch versicherungsrechtliche Auswirkungen. "Wie viele andere Wirte haben auch wir eine Versicherung für den Fall einer Absage", sagt
Stephan Kuffler, Wirt des Kuffler Weinzelts auf dem Oktoberfest. "
Es wird schwierig werden, einen Anspruch geltend zu machen. Aber wir werden kämpfen."Eine
Ausdehnung der Wiesn 2021 von zwei auf drei Wochen - wie vom Vizepräsidenten des Bayerischen Landtags, Karl Freller, per Twitter vorgeschlagen -
könnte den Wirten helfen, verlorene Umsätze wieder reinzuholen, meint Kuffler. "Aber eine solche
Diskussion ist verfrüht. Zum heutigen Zeitpunkt müssen wir alle Kraft darauf verwenden, unsere Unternehmen zu retten und das Jahr zu überstehen. Sprich: die Liquidität zu erhalten, sodass wir zahlungsfähig bleiben."
Münchner Gastgewerbe unter Druck
Ähnlich sieht das auch
Friedrich Steinberg, dessen Familie am Wiener Platz in München den
Hofbräukeller betreibt. "
Allein am Osterwochenende ist unserem Biergarten mit 2.000 Plätzen ein Umsatz von 400.000 Euro entgangen. Nur mit Krediten ist uns nicht geholfen", sagt Steinberg mit Nachdruck. Wie auch Kuffler sieht Steinberg eine
Senkung der Mehrwertsteuer für Gastronomen auf 7 Prozent als wichtige Maßnahme. "Das wäre für viele ein
Rettungsanker", so Kuffler.
"Die Absage kommt erwartet", sagt Kuffler. "Dennoch ist sie
ein weiterer herber Schlag für das Gastgewerbe in München. Sie b
etrifft nicht nur die Zelt-Wirte, sondern - auch in unserem Unternehmen -
Hotels und Restaurants in der Stadt. Es hängt so viel dran." Auf
1,2 Mrd. Euro bezifferte das städtische Referat für Arbeit und Wirtschaft 2018 die
Einnahmen der Stadt rund um das Oktoberfest. "Wir müssen da jetzt durch. Nicht nur wir in München sind betroffen, sondern die ganze Welt", sagt der ehemalige Wirtesprecher
Toni Roiderer und hofft: "
Machen wir heuer weniger und dafür nächstes Jahr mehr."