
Ob Speiserestaurant, Nachbarschaftscafé oder Apfelweinkneipe: Die verwendeten Lebensmittel sind in gastronomischen Betrieben die bedeutendste Ursache für den CO2-Verbrauch. Folglich liegt bei einem geänderten Einkaufsverhalten der größte Hebel, um CO2 und andere Treibhausgase einzusparen.
Zu diesem Schluss kommt eine von der Initiative Gastronomie Frankfurt (IGF) in Auftrag gegebene Auswertung der Klimabilanz der drei Frankfurter Gastronomie-Betriebe Bar Shuka (Speiserestaurant im Hotel), Glauburg Café (Nachbarschaftscafé) und Lorsbacher Thal (Apfelweinrestaurant).
Die Initiative Gastronomie Frankfurt e. V. (IGF) wurde Ende 2015 ins Leben gerufen und setzt sich unter ihrem Vorstandsvorsitzenden Madjid Djamegari und seinem Stellvertreter James Ardinast für die Interessen der Gastronomen und die Position des Gastgewerbes in Frankfurt am Main ein.
Ziel ist es, einen kontinuierlichen und partnerschaftlichen Dialog mit der Stadt, Behörden, Politik, Wirtschaft und weiteren Interessengemeinschaften zu führen und zu fördern. Damit will die Initiative zu einer verbesserten und positiven öffentlichen Wahrnehmung der Gastronomieszene beitragen und in diesem Sinne das Gewerbe attraktiver, gerechter und sicherer für nationale und internationale Gäste sowie Arbeitgeber und Arbeitnehmer machen.
Unterstützt wird der Vorstand von einem derzeit vierköpfigen Beirat. Aktuell gehören der IGF 100 Betriebe aus Frankfurt und Offenbach an.
Warum das Thema so wichtig ist, beschreibt Lena Iyigün, Chefin des Glauburg Cafés und Nachhaltigkeitsbeauftragte der IGF, folgendermaßen: "Der Klimawandel ist da, er ist real. Lebensmittel sind ein großer Hebel, mit dem wir etwas ändern können." Dafür nimmt Iyigün die gesamte Gastronomiebranche in die Pflicht: "Wir haben eine gesellschaftliche Verantwortung."
Für die Klimabilanz hat das gemeinnützige Unternehmen Lust auf besser leben in den Betrieben über einen Zeitraum von über sechs Monaten unter anderem die Verbrauchsmengen von Gas, Strom und Lebensmitteln sowie das Abfallvolumen und die Logistikstruktur erfasst. Dabei wurden nicht nur CO2, sondern alle Treibhausgase des Kyoto-Protokolls berücksichtigt; als "CO2-Äquivalente" (CO2e) sind sie über eine Umrechnung in ihrer Klimawirkung vergleichbar.Die Ausgangsfrage an die so unterschiedlichen Gastronomie-Unternehmen lautete:
Die Ergebnisse sind in dem Leitfaden "Initiative KlimaGastronomie" für andere Betriebe transparent dargestellt – eine hessenweit einzigartige Aufstellung, nicht nur für hessische Restaurants und Kneipen interessant. Seit Anfang Mai ist der Leitfaden auf der Website von Lust auf besser leben abrufbar.
"Lust auf besser leben"-Expertin Gesina Schalenberg erläutert: "Das Café arbeitet seit zwei Jahren mit regionalem Ökostrom, verwendet LED-Birnen, hat statt einem Kühlhaus sparsame Kühlgeräte, serviert nur kalte Gerichte, produziert wenig Speisereste und verwendet für das Außer-Haus-Geschäft überwiegend Mehrwegbehälter. Die Umstellung der Speisekarte auf ein vorwiegend vegetarisches Angebot hatte ebenfalls einen großen Einfluss auf die Klimabilanz des Cafés.
Es zeigt sich aber deutlich: Die großen verbliebenen CO2e-Treiber sind die Milchprodukte, vor allem Butter." Mit 69 Tonnen CO2e machen die Milchprodukte fast die Hälfte des gesamten CO2e-Verbrauchs aus. Das Glauburg Caféhat 85.000 Gäste im Jahr und jeden Tag acht Stunden geöffnet.
Bei der Bar Shuka sind ebenfalls die Lebensmittel die größten Treiber beim CO2e-Verbrauch.So fallen sie mit 119 Tonnen bei einem Gesamtverbrauch von 311 Tonnen ins Gewicht, den größten Anteil hat hier mit ca. 68 Tonnen CO2e (knapp 22 Prozent) die Verwendung von Fleisch. Die Zusammenstellung der Fleischgerichte ist daher ein großer Hebel für den Klimaschutz.
Priorität beim Einsparen hat laut "Lust auf besser leben"-Expertin Gesina Schalenberg hier aber der Verbrauch an Erdgas und Strom; sie schlagen jährlich mit 93 beziehungsweise 73 Tonnen CO2e zu Buche. Das Problem: "Wir kochen ganz bewusst mit Gas“, sagt Inhaber James Ardinast. „Die Gäste lieben den Showeffekt mit Stichflammen, das gehört quasi zum Geschäftsmodell." Die Konsequenz: "Hier kommen gegebenenfalls eher Sparmaßnahmen oder eine Kompensation statt eines Wechsels des Energieträgers infrage", erklärt "Lust auf besser leben"-Expertin Schalenberg.
Das Bar Shuka besuchen jährlich 90.000 Gäste, der CO2e-Verbrauch pro Gast liegt bei 3,4 Kilogramm. Das Restaurant ist an fünf Tagen in der Woche für sechs Stunden geöffnet.
Im Lorsbacher Thal bietet das größte Einsparpotenzial eine Erneuerung der Heizung und einer Umstellung auf Ökostrom. Auch das Reduzieren von Fleisch und Molkereiprodukten wie Butter, die in großen Mengen zum Anbraten der Schnitzel verwendet wird und daher fast ebenso viele Emissionen verursacht wie das Fleisch selbst, kann die Klimabilanz verbessern, so die Konklusio aus den Werten.
Allein: Fleisch, allen voran ein ordentliches Schnitzel, gehört zum USP der Alt-Sachsenhäuser-Kneipe. Und die Verwendung von Butter zum Anbraten ebenso. Thal-Wirt Frank Winkler lapidar: ""Wir sind nicht das Idealbild für vegane Küche."
Und wenn die Thal-Köche CO2 freundlichere Margarine statt Butter nehmen würden? Winklers eindeutige Antwort: "Den Geschmacksunterschied würden die Gäste sofort bemerken. Margarine statt Butter geht nicht."
Auch eine drastische Reduktion der Fleischgericht kommt für das Lorsbacher Thal eher nicht infrage: Apfelweinkneipe ohne Fleisch ist wie ein Sauergespritzter ohne Apfelwein.
Bleibt also das experimentelle Anbieten von einigen, nicht zu vielen vegetarischen Gerichten, die "Schaffung von Bewußtsein", so Winkler bei den Gästen - und ein Wechsel des Energieträgers.
Durch einen Wechsel auf Ökostrom könnte das Lorsbacher Thal 58 Tonnen CO2e einsparen, das entspricht fast 30 Prozent der aktuellen Gesamtemissionen. Bei 50.000 Gästen jährlich und einem Gesamtverbrauch von 200 Tonnen CO2e liegt der Pro-Kopf-Verbrauch im Lorsbacher Thal bei 4 Kilogramm. Die Traditionswirtschaft hat an sechs Tagen in der Woche zwischen 7 und 12 Stunden geöffnet.
Für "Initiative KlimaGastronomie" wurden drei Frankfurter Gastronomiebetriebe in der Erstellung einer Standort-Klimabilanz für das Jahr 2022 in Anlehnung an den international anerkannten Standard des Green House Gas Protocol vom gemeinnützigen Unternehmen "Lust auf besser leben" Lena Iyigün als Projektleiterin der IGF begleitet.
Die erhobenen Geschäftsdaten wurden mithilfe des Klimarechners "Ecocockpit" der Landesenergieagentur Hessen in detaillierte CO2e-Bilanzen übersetzt, wobei zu einigen Emittenten zusätzliche Recherchen in anerkannten Datenbanken und Forschungsberichten getätigt wurden.
Die Ergebnisse wurden gemeinsam interpretiert und bilden die Basis für den Leitfaden zum Klimaschutz in der Gastronomie.
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