Es ist viel geschrieben und noch mehr geredet worden über Vapiano in den letzten Monaten. Der deutsche Italiener kam einfach nicht zur Ruhe. Personal- und Finanzierungsgeschäfte nahmen das Management quasi rund um die Uhr in Anspruch – da blieb keine Zeit, sich mit der zentralen Frage zu beschäftigen, wie man denn eigentlich Gäste gewinnen und Umsatz generieren könne.
„Die Restrukturierung eines börsennotierten Unternehmens unter dem Brennglas der Öffentlichkeit anzugehen, erfordert ein extrem hohes Maß an Selbstdisziplin und ein durchaus dickes Fell“, sagt der scheidende CEO Cornelius Everke. Gerät ein Unternehmen so extrem in den Fokus der Öffentlichkeit wie es bei Vapiano seit Beginn des Jahres geschehen ist, werden automatisch jede Menge alte Kamellen wieder ausgepackt – Lebensmittel- und Hygieneskandale, schlechte Bezahlung, Abrechnungsfehler und vieles mehr, was in den vergangenen fünfzehn Jahren an miesen News über das Unternehmen bekannt wurde, wird in solch gnadenlosen Zeiten gerne wieder hervorgekramt. Das gipfelte in der falschen Behauptung, Cornelius Everke hätte diese Krise als CEO verschuldet. Dabei trat er ja erst im vergangenen Dezember an.
Geld für Marketing und für in solchen Situationen bitter notwendige positive Kampagnen war einfach nicht vorhanden. So drehte sich die Abwärtsschraube in der öffentlichen Wahrnehmung für Vapiano immer weiter nach unten. Selbstverständlich machte sich das auch in der Kundenfrequenz bemerkbar. „In den vergangenen Monaten haben wir durchaus eine Zurückhaltung bei unseren Gästen bemerkt – es kamen einfach weniger“, gibt Everke unumwunden zu. Überhaupt ist er jemand, der die Dinge sehr klar beim Namen nennt. Auf Everkes Geheiß wurde die neue Strategie entwickelt: Schlankeres Menü, Konzentration auf den Gast, Konzentration auf Kernmärkte, raus aus nicht profitablen Märkten. Everke spricht offen davon, dass das Unternehmen in den kommenden zwei bis drei Jahren eine harte Zeit mit Sanierungsmaßnahmen vor sich haben wird. Wachstum wird es erstmal nicht mehr in signifikanter Form geben. Für ihn auch der Hauptgrund, das Unternehmen zum 31. August zu verlassen. Schließlich ist er für Wachstum geholt worden, nicht als Sanierer. Die Lebensplanung des Mittfünfzigers sieht anders aus. 20 Tage wird er im September nach seinem Ausscheiden noch die Übergabe in den einzelnen Ländern koordinieren, dann ist endgültig Schluss mit dem CEO-Job bei Vapiano.
Vapiano hatte bereits im vergangenen Jahr starke Einbrüche beim Umsatz hinnehmen müssen - in Deutschland verdiente die Pizza- und Pastakette rund zehn Prozent weniger, in Europa mehr als elf Prozent - und weltweit rund 25,3 Prozent weniger als noch im Vorjahr. Bei 372 Millionen Euro Umsatz blieb 2018 ein Verlust von 101 Millionen Euro. Die negative Like-for-Like Tendenz setzte sich im ersten Quartal dieses Jahres in Deutschland verständlicherweise fort.
Nur 18 Prozent der Unternehmens-Aktien sind im Free Flow - 82 Prozent liegen in den Händen von drei Großaktionären. Neben dem Mayfair Beteiligungsfonds der Tchibo-Familie Herz (47 Prozent) sind dies der Vapiano-Mitgründer Gregor Gerlach (knapp 18 Prozent) und die Wella-Erben Gisa und Hans-Joachim Sander (15,5 Prozent). Es hat schon mehr als ein „Geschmäckle“, wenn Großaktionär Sander sich am Tag der Hauptversammlung im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zu Wort meldet, beim scheidenden CEO Cornelius Everke eigentlich mehr Standhaftigkeit anmahnt und der neuen Chefin Vanessa Hall bessere Deutschkenntnisse wünscht. Da wirkt der eigentlich positive Nachsatz Sanders „Wenn die Restrukturierung jetzt konsequent umgesetzt wird, bin ich gerne bereit, eine längere Durststrecke in Kauf zu nehmen“, mehr wie eine Drohung als eine Hoffnung.
Bei der Hauptversammlung im Kölner Dorint-Hotel, die geschlagene neun Stunden dauerte, erklärte die Britin, dass sie mindestens bis April 2020 als Vapiano-Chefin zur Verfügung stehe. Dem Vernehmen nach will sie nichts an der von Vorgänger Everke eingeleiteten Neuausrichtung ändern. Die Zukunft von Vapiano und seinen über 7000 Mitarbeitern wird aber auch davon abhängen, wie gut sie mit Johann Stohner zusammenarbeitet.
Stohner kommt von der Unternehmensberatung Alvarez & Marsal und wurde vom Aufsichtsrat in die Geschäftsführung berufen, nachdem die Banken die Position eines CTO, eines Chief Transformation Officers, zur Bedingung der Finanzierung gemacht hatten. Der Mann aus München gilt als Restrukturierungsexperte mit hoher Expertise und über 20 Jahren Erfahrung im Markt. Auch er ist von dem eingeschlagenen Weg überzeugt, heißt es.