Auf der Bühne (v.l.): Moderator Boris Tomic (foodservice), Florian Beckmann (Billbox), Birgit Gündisch (ShareCubes), Annemarie Hamann (HR Business Partner), Michael Kuriat (TNC Group).
Bereits zum 10. Mal hat die Hochschule Heilbronn das Heilbronn Hospitality Symposium auf dem Bildungscampus veranstaltet. In Vorträgen und Diskussionsrunden drehte sich alles um das Thema "Disruptive Technologien" und deren Auswirkungen auf das Gastgewerbe.
Rund 350 Teilnehmer kamen zum Branchenkongress nach Heilbronn. Den Auftakt machte Keynote-Speaker und Event-Spezialist
Hans-Jürg "Schoscho" Rufener, Chief Creative Director bei MCH Global. Neben Anekdoten aus seiner über 20-jährigen Erfahrung als Event-Manager plädierte er für das
Zusammenspiel von technologischen und menschlichen Faktoren. Während IT oft die Geschwindigkeit vorgebe, könne sie nicht die menschliche Energie ersetzen, die einen guten Gastgeber ausmache: "Wir sollten den Gästen einen guten Moment schenken", plädierte Rufener.
Nutzen für Mitarbeiter und Gast
In mehreren Talkrunden diskutierten die Teilnehmer über Für und Wider moderner Technologien. "In der Markengastronomie nimmt die Technologisierung zu", stellte etwa
Mirko Silz, CEO L'Osteria, fest. "In unserem Unternehmen holen wir gerade auf,
wir sind mitten in der digitalen Transformation", sagte er. Vor allem von Franchisenehmern im Ausland komme hier auch Druck, Verfahren wie Mobile Payment oder Mobile Reservation einzusetzen.
Unter anderem digitale Pre-Order, Payment und Pick-up-Optionen bietet
Nikki Lukas mit ihrem Bowl- und Salatkonzept
Green Karma. Gleichzeitig betont sie: "Bei aller Technologie –
der Faktor Mensch bleibt." Digitalen Tools wie auch standardisierten gastronomischen Prozessen gegenüber ist sie aufgeschlossen – beides müsse aber dem Gast und dem Mitarbeiter Nutzen bringen.
"Digitalisierung ist Einstellungssache"
Digital-Experte und Leaders Club Präsident
Michael Kuriat ging in seinem Vortrag auf disruptive Digital-Angebote wie AirBnB oder digitale Sprachassistenten und deren Auswirkungen auf das Alltagsleben ein. Für Gastronomen gelte mit zunehmender Digitalisierung des Alltags auch die
digitale Relevanz. "Wenn immer mehr Leute über Alexa Pizza bestellen, was passiert mit dem Restaurant, das dort nicht gefunden wird?", fragte Kuriat. Gleichzeitig präsentierte er Beispiele für bereits vorhandene und zukünftige Anwendungen in der Gastronomie und referierte über die Wichtigkeit von Social Media als Marketing-Kanal. Sein Fazit: "
Digitalisierung ist Einstellungssache. Wir können nicht nicht mitmachen."
In der anschließenden Talkrunde diskutierte Kuriat mit anderen Digital-Experten unter anderem über die Schwierigkeit, Unternehmen die
Relevanz der Digitalisierung nahe zu bringen und
Hemmschwellen zu überwinden. Zudem sprach die Runde über die Kosten-Nutzen-Rechnungen für digitale Innovationen und die Risiken einer "
digitalen Zwei-Klassen-Gesellschaft" durch hohe Investitionen, die sich nicht jeder leisten könne. Gleichzeitig gebe es durch die Vielfalt digitaler Lösungen auch solche für kleinere Unternehmen. Die größte Herausforderung sei laut Kuriat der
Wissenstransfer in die Unternehmen des Gastgewerbes.
Digitale Mitarbeiterführung
Wie sich
digitale Tools zur Stärkung der
Unternehmenskultur und
Mitarbeiterführung einsetzen lassen, zeigte Rednerin
Nicole Kobjoll vom Schindlerhof. Mit einer eigens für sie programmierten Mitarbeiter-App werden Entscheidungen und Vorgänge im Unternehmen allen Mitarbeitern transparent gemacht. Dazu kommen
Tools zur
Schichtplanung,
Ideenmanagement oder ein eigener
Chat. In der folgenden Diskussionsrunde waren sich die Teilnehmer einig: Die
Integration der Mitarbeiter und
Transparenz gegenüber diesen ist ein
Erfolgsfaktor, digitale Lösungen können dabei helfen.
Im letzten Block des Tages präsentierte Prof. Dr. Markus Zeller Ergebnisse einer studentischen
Umfrage zur Disruption in der Hotellerie und Gastronomie. Zu den
größten technologischen Herausforderungen zählten die Befragten Bewertungsplattformen, bargeldlose Bezahlung und Künstliche Intelligenz. Als
größte Chancen wurden verbesserte Geschäftsprozesse und weniger Aufwand im operativen Alltag genannt. Als
größte Risiken identifizierten die Teilnehmer Anonymisierung durch weniger direkten Kundenkontakt, hohe Komplexität und hohe Kosten.
Patrick Rüther (u.a. Überquell) differenzierte in der anschließenden Diskussion bei digitalen Hilfsmitteln zwischen
Tools, die den
Arbeitsalltag erleichterten, wie etwa Programme zur Inventur, Mitarbeiterplanung oder Kassensysteme. Kritisch sieht er die Entwicklung von digitalen
Plattformmodellen, ohne die vor allem kleine Gastronomen irgendwann nicht mehr auskommen. "Wenn irgendwann alle Gäste Restaurants nur noch über Google finden, man aber dort nicht mehr auftaucht, wird es schwierig", erklärte Rüther. Für solche Entwicklungen könne man sich nach Ansicht der Diskussionsteilnehmer vor allem durch
Offenheit für Neues wappnen, am besten unter Einbeziehung der Mitarbeiter.
Trotz aller Herausforderungen blickten die Diskussionsteilnehmer auch positiv in die Zukunft.
Alexander Haußmann von Code2Order betonte: "Das Schöne an der Branche ist, dass das
Endprodukt immer analog ist." Ohne die Menschen geht es im Gastgewerbe nicht.