Bio-Hype (IV) | Strategie

Der beste Weg zu mehr Bio

Wer Bio-Produkte und -Menüs anbieten möchte, braucht eine gute Strategie.
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Wer Bio-Produkte und -Menüs anbieten möchte, braucht eine gute Strategie.

Gleich ein Bio-Menü anbieten oder besser nur einzelne Bio-Zutaten? Bio offensiv bewerben oder besser nicht? Es gibt viele Fragen zur richtigen Strategie.

Dieser Text erschien zuerst in der April-Ausgabe der gv-praxis im Rahmen des Specials "Bahn frei: Bio kommt! Jetzt im E-Paper lesen

Oft soll es gleich ein komplettes Bio-Gericht auf der Speisenkarte sein, damit der Gast sieht, das ist "unser" Bio-Angebot. Doch von dieser Strategie rät Bio-Experte Rainer Roehl ab. Sein Tipp: Besser nur auf Bio-Zutaten setzen, dies sei schneller, leichter und kostengünstiger umzusetzen. Und warum nicht zunächst mit ausgewählten Getränken beginnen? "Hier kann man sofort durchstarten und gegenüber dem Gast ein sichtbares Zeichen setzen", weiß Roehl.

Start mit starken Produkten

Grundsätzlich macht es Sinn, überall dort Bio-Ware einzusetzen, wo der Gast unmittelbar den Unterschied schmecken, ja, mit allen Sinnen wahrnehmen kann. Also bei allem, was ohne große Weiterverarbeitung in der Küche direkt im Mund des Kunden landet: Dies können beim Frühstück Brot, Käse und Joghurt sein, beim Mittagessen der frische Salat mit Möhren und Roter Bete. Küchenmeister Rafael Platzbecker sieht dies ähnlich. Er rät jedoch aus Kostengründen, zunächst mit Grundprodukten wie Nudeln, Reis und Hülsenfrüchten anzufangen – und darauf aufzubauen.

Dass es auch anders gehen kann, beweist das Studentenwerk Frankfurt/Oder. Hier haben sich die Verantwortlichen dazu entschlossen, mit Bio-Rindfleisch aus Brandenburgischer Weidehaltung loszulegen. Doch warum gleich mit der Königsdisziplin starten? "Weil viele Gäste Fleisch gegenüber kritischer geworden sind und sich mit regionalem Bio-Fleisch eine sehr gute Story erzählen lässt", erklärt Roehl.

Dreiklang: Image, Qualität, Kommunikation

Fakt ist: "Es gibt nicht den einen Weg – jeder Betrieb, jedes Restaurant tickt anders. Der Bio-Einsatz muss zu Konzept und Zielgruppe passen", sind sich die Experten einig. Dies betrifft besonders die Kommunikation beziehungsweise das Bewerben des Bio-Angebotes. "Den intellektuellen Überbau möchte in der Regel niemand wissen, statt dessen reicht dem Gast die Botschaft 'Wir setzen auf Qualität, arbeiten transparent, sind nachhaltig unterwegs'", weiß Rainer Roehl aus jahrelanger Erfahrung.

Patrick Wodni ergänzt: "Lebensmittel aus ökologischem Anbau bieten viele Ankerpunkte in der Kommunikation." Welche Verkaufsargumente am Ende überzeugen, bedarf zuvor einer Analyse der Zielgruppe, die man neu erobern will – oder bereits hat. Was ist ihnen besonders wichtig? Gesundheit? Veggie? Klima? Heimatgefühl? Oder einfach nur der Genuss guter, authentischer Lebensmittel? Gleich, was im Gäste-Fokus steht, Bio lasse sich überall gut andocken und sei heute ein zentraler Baustein zeitgeistiger, nachhaltiger Gastronomie-Konzepte. "Am Ende entscheidet der Bauch über die Wahl der Speise", weiß Roehl. Ist dann Bio als eine ausgelobte Zutat beim Wunschgericht dabei, werde dies als positiver Mehrwert vom Gast umso mehr honoriert.

Netzwerken für Austausch und Einkauf

Doch um die richtige Strategie zu finden, braucht es eine weitere, wichtige Zutat: den Austausch mit bio-erfahrenen Kollegen. Rafael Platzbecker rät jedem Bio-Anfänger dazu. Nur so könne man sich über sein eigenes Bio-Konzept klar werden und Fehler vermeiden. Platzbecker selbst stolperte rein zufällig vor sechs Jahren über Bio, als er bei einem Betriebsrestaurant für drei Tage hospitierte. Heute setzt er über 60 Prozent Bio-Ware nahezu ohne Mehrkosten ein – und feilt weiter am Konzept.




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