Leere Regale in den Supermärkten Anfang März in Berlin. Im Außer-Haus-Markt ist die Versorgung gesichert.
Die Corona-Krise spitzt sich hierzulande zu. Events werden reihenweise abgesagt, der Tourismus kommt zum Erliegen und viele Unternehmen treffen rigorose Vorsichtsmaßnahmen. Schulen und Kitas sind weitestgehend geschlossen. Doch wie steht es um die Versorgungssicherheit? Und wo trifft es die Außer-Haus-Branche besonders hart? Ein Lagebericht von den Großhändlern Transgourmet und Chefs Culinar.
"Wir bewerten die Situation täglich neu. Leider kann man sich nur bedingt auf das vorbereiten, was möglicherweise kommt. Die Entscheidungshoheit im Ernstfall liegt bei den Bundesländern und den regionalen
Gesundheitsämtern. Das macht Voraussagen schwierig", weiß
Hans-Gerd Janssen, Geschäftsführer von Chefs Culinar, Kiel. Der
Großhändler beliefert bundesweit Kunden aus der Gastronomie, Hotellerie und Gemeinschaftsverpflegung und zählt mit 8 Niederlassungen und 23 Stützpunkten zu den
stärksten Zustellgroßhändlern in Deutschland.
Risiko Warenanlieferung
Geschäftsführer von Chefs Culinar: Hans-Gerd Janssen.
"Wir selbst haben eine
Taskforce eingerichtet, die rund um die Uhr erreichbar ist und im Krisenfall die Maßnahmen im Unternehmen steuert und koordiniert", erläutert Hans-Gerd Janssen. Generell habe Chefs Culinar alle Fahrer mit
Mundschutz, Desinfektionsmitteln und Einmalhandschuhen ausgestattet und noch einmal eingehend in punkto Hygiene geschult. Dabei gilt: Nach jeder Warenanlieferung soll sich der Fahrer die Hände waschen, um das Risiko einer Virus-Übertragung auf ein Minimum zu reduzieren. Auf Kundenbesuche oder Betriebsbesichtigungen in den Niederlassungen verzichte man aktuell.
Versorgungssicherheit ist gegeben
Auch die Kundenseite reagiert. Vor allem Kliniken und Senioreneinrichtungen seien derzeit besonders sensibilisiert und würden den Kontakt von außen auf ein notwendiges Minimum begrenzen. Hans Gerd Janssen: "Unsere Kunden treibt vor allem eine Frage um:
"Ist die Versorgungssicherheit gewährleistet?". Aus aktueller Sicht können wir dies deutlich mit "Ja" beantworten. Derzeit beobachten wir lediglich bei einigen wenigen Produkten, beispielsweise Konserven, einen erhöhten Absatz. Passen müssen wir lediglich bei den
Desinfektionsmitteln." Hier sei die
Versorgungskette zurzeit nicht gewährleistet. Der Bedarf übersteige die Produktionskapazitäten. Daran werde sich in den nächsten zwei bis drei Wochen wahrscheinlich nichts ändern, schätzt Janssen.
Hotellerie und Gastronomie unter extremem Druck
Viel schwerer wiege die Absage der vielen
Messen und Events in vielen Regionen Deutschlands. "Eine
Katastrophe für die Eventcaterer. Die Hotellerie und Gastronomie stehen unter extremem Druck", unterstreicht der Manager. Selbst Verschiebungen von Messen und Veranstaltungen könnten den Verlust nur bedingt auffangen – zumal auch der Städte-Tourismus erkennbar rückläufig sei. "Für unsere
Niederlassung in Hamburg beispielsweise ist die
Internorga immer ein Highlight des Jahres, alle Hotels sind nahezu ausgebucht, die Gastronomie läuft auf Hochtouren. In diesem Jahr bleiben die Aufträge aus, die gastronomische Auslastung läuft gegen Null."
Gemeinschftsgastronomie noch relativ stabil
Stabil sieht der Geschäftsführer hingegen den
Care-Markt. Bei
Kliniken und Heimen verzeichne
Chefs Culinar bislang keinen Rückgang, auch die
Betriebsgastronomie halte sich noch relativ stabil. "Allerdings werden vermehrte Besucherrückgänge und
Homeoffice-Regelungen auch hier allmählich durchschlagen. Seit
Schulen und Kindertagesstätten geschlossen sind, trifft es auch diese Gruppe", sagt
Hans-Gerd Janssen.
"Wir selbst wollen als Großhändler mit Ruhe und gesundem Menschenverstand an die Sache rangehen. Wir haben in erster Linie einen Versorgungsauftrag, den wir erfüllen wollen. Die Versorgungsketten sind aktuell gesichert und es ist nicht erkennbar, dass sich daran etwas ändert. Wir hoffen, dass unsere Kunden gesund bleiben – auch wirtschaftlich. Dazu leisten wir unseren Beitrag", unterstreicht Hans-Gerd Janssen. Chefs Culinar führt ein nationales Sortiment mit rund 25.000 Produkten und hat bundesweit rund 400 Außendienstmitarbeiter im Einsatz.
Transgourmet: Taskforce mit Mutterkonzern Coop
Kai Müller, Leitung Unternehmensmarketing, Transgourmet Deutschland
Ähnlich die Situation bei
Transgourmet Deutschland. Der
Multi-Channel-Anbieter beschäftigt hierzulande rund 11.000 Mitarbeiter und zählt ebenfalls bundesweit zu den führenden Großhandelsunternehmen. Auch Transgourmet hat weitreichende Maßnahmen im Kampf gegen das
Corona-Virus ergriffen. „Wir haben als Transgourmet Deutschland bereits vor drei Wochen einen
Krisenstab eingerichtet und unsere Notfallpläne aktualisiert", berichtet
Kai Müller, Leiter Unternehmensmarketing bei Transgourmet. Zudem wurde eine
Taskforce mit dem Mutterkonzern, der Coop in der Schweiz, eingerichtet. "In dieser Taskforce tauschen wir uns einmal täglich – auch am Wochenende – per Telefonkonferenz über den aktuellen Stand und mögliche Entwicklungen aus."
Schon früh habe man im Kampf gegen das
Coronavirus interne Präventionsmaßnahmen angestoßen. Beispielsweise wurden alle Mitarbeiter in punkto Hygiene noch einmal eingehend geschult. Kai Müller: "Alle Fahrer unserer
Lieferfahrzeuge erhalten zusätzliche Desinfektionsmittel sowie Einmalhandschuhe für die Auslieferung der Waren. Schließlich beliefern wir auch sehr
sensible Kundengruppen wie etwa Senioreneinrichtungen." Je nach Betrieb sei die Warenannahme sehr unterschiedlich organisiert; deshalb müsse man auch situativ und flexibel agieren. Umso wichtiger seien präventive Maßnahmen und Vorsicht.
Versorgungssicherheit großes Thema
"Parallel erreichen uns täglich neue Anfragen besorgter Kunden zu
Versorgungssicherheit, Notfallplänen oder getroffenen Vorsichtsmaßnahmen. Wir haben dazu auch ein Schreiben an unsere Kunden geschickt. Generell rechnen wir nicht mit einem Versorgungsengpass. Wir sind sehr breit aufgestellt und können unseren Kunden im Zweifel verschiedene Ausweichartikel bieten. Einzige Ausnahme:
Hygieneartikel. Hier verbuchen wir derzeit
tatsächlich einen Engpass", erklärt Kai Müller.
Hamsterkäufe in den Selgros-Märkten
Einen Umsatzrückgang registriere Transgourmet derzeit noch nicht. In die
Selgros-Märkte kamen sogar vermehrt Kunden, die sich mit
Nudeln, Toilettenpapier und anderen Artikeln notversorgt hätten, ähnlich wie in den Supermärkten. "Dies war bundesweit in unseren Märkten deutlich spürbar." Dennoch beobachte Transgourmet die Lage sehr kritisch. "Die vielen Absagen von Messen, Veranstaltungen und der zurückgehende Tourismus treffen insbesondere Hotellerie, kleinere Gastronomen und Eventcaterer zum Teil sehr hart.
Hier geht es um nicht weniger als die Sicherung der Existenz", weiß der Profi.
Aber auch die
Betriebsgastronomie werde von Tag zu Tag stärker von der Corona-Krise beeinträchtigt. Einzelne Betriebsrestaurants wurden bereits geschlossen. Auch Homeoffice-Regelungen in den Unternehmen schlagen sich in diesem Zusammenhang signifikant auf die Essenszahlen nieder. In der
Schweiz wurde zudem die Empfehlung ausgesprochen, als Mitarbeiter nicht mehr in die jeweiligen Betriebsrestaurants zum Essen zu gehen, berichtet Kai Müller. "Derzeit können wir nicht in jedem Detail abschätzen, wie sich hierzulande die Situation weiterentwickelt. Das Coronavirus ist definitiv eine große Herausforderung für die gesamte Branche."